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Talente finden - Talente binden

„Talente fördern – auch für ein Leben nach dem Sport“ - Hochkarätige Tagung in Trier: „Talente finden – Talente binden“ / Erfolgsmodell in Brandenburg: „Sport und Bildung müssen Hand in Hand gehen“ / Internationaler Vergleich

Spitzensport treiben und die berufliche Karriere nicht vernachlässigen – ein Widerspruch? Keinesfalls, verdeutlichte eine hochkarätig besetzte Tagung zum Thema „Talente finden – Talente binden“ in Tier fest: „Talente müssen gefördert werden.

Aber es gibt auch ein Leben nach dem Sport“, bekräftigte Werner Schröter, Vizepräsident Leistungssport beim Landessportbund Rheinland-Pfalz in der Europäischen Akademie des rheinland-pfälzischen Sports in Trier vor internationalen Gästen aus Frankreich, Luxemburg, den Niederlanden und dem mitveranstaltenden Netzwerk der Europäischen Akademien des Sports (NEAS).

Eine sportliche Laufbahn könne tatsächlich gezielt geplant werden, sagte Schröter in Trier vor 80 Zuhörern, darunter auch Sportakademie-Präsident Georg Bernarding. Ein erfolgreicher Weg sei die „duale Karriere“ mit einem maßgeschneiderten Ausbildungsangebot für talentierte junge Menschen, sagte Werner Schröter. Davon gebe es zahlreiche gute Beispiele in Rheinland-Pfalz. Ziel des Ausbildungsangebotes sei es, „Rheinland-Pfalz als Standort für Hochleistungssport noch attraktiver zu gestalten, Talenten eine berufliche Perspektive und damit Planungssicherheit zu ermöglichen“.

„Systematische sichten, damit kein Talent verloren geht"

Dieser Ansatz könne insgesamt verallgemeinert werden, erklärte Manfred Wothe. Der Geschäftsführer der Europäischen Akademie Land Brandenburg (ESAB) aus Potsdam zeigte auf, wie Talente im Sportland Brandenburg – mit großer Tradition – gefördert werden. So gehen 1750 Sportler in die Eliteschulen des Sports in die drei Standorte Potsdam, Frankfurt/Oder und Cottbus. Die zusammen bilden den Olympiastützpunkt Brandenburg mit 18 Schwerpunktsportarten – und vielen bei Olympischen Spielen, Welt- oder Europameisterschaften erfolgreichen Sportlern, zum Beispiel im Radsport, Rudern, Schwimmen, Turnen oder in der Leichtathletik. Die Schüler werden unter anderem von 154 so genannten Lehrertrainern – die sowohl Pädagogen als auch Trainer sind – betreut.

Wenn Deutschland im Spitzensport weiter eine Rolle spielen wolle, und das sei das erklärte Ziel der Politik, dann „sind wir gezwungen, eine systematische Sichtung zu betreiben, damit kein Talent verloren geht“, sagte Wothe: „Sport und Bildung müssen Hand in Hand gehen.“ Deshalb habe die ESAB eine Fachhochschule gegründet, an denen Azudenten individuell mit Bachelor-Abschluss studieren könnten.

Sebastian Platvoet und Ben Halle von der Hogeschool Arnhem en Nijmegen stellten die duale Karriere in den Niederlanden vor. „Jeder hat Talent, aber nicht jeder für Sport“, Sicher sei, dass Sportler wesentlich seltener in der Schule sitzen bleiben würden als Nichtsportler. „Sie investieren auch wesentlich weniger Zeit in die Schulaufgaben zu Hause und sind doch erfolgreicher.“ In den Niederlanden gebe es 29 Loot-Schulen – eine Kombination zwischen Schule und Sport mit flexiblen Lerninhalten. Bisher ginge allerdings erst ein Fünftel der Talente in diese holländischen Sportschulen, berichtete Sportwissenschaftler Platvoet.

Pascal Schaul von der nationalen Sportschule ENEPS (Ecole Nationale de l'Education Physique et des Sports) in Luxemburg stellte das Modell der öffentlich-staatlichen Schule „Sportlycée“ vor. Gut 300 Schüler gehen in Lëtzebuerg in 14 Klassen mit maximal 24 Schülern. Täglich wird zweimal trainiert, „um die Chancen für den Leistungssport in Luxemburg wahrnehmen zu können“.

Frankreich fördert Firmen steuerlich, die Hochleistungssportler beschäftigen

Lucien Gastaldello, Präsident des Regionalen Olympischen Komitees Lothringen (CROSL), Region Lorraine, ließ mit der französischen Möglichkeit der Talentbetreuung aufhorchen: So werden Unternehmen steuerlich gefördert, die Hochleistungssportler ausbilden und beschäftigen („Mäzenatentum“). Wer im Abitur steht, kann seine Prüfungen verschieben lassen.

Hochleistungssportler werden in einem bis zu den Olympischen Spielen 2016 dauernden Programm besonders gefördert – nach strengen Kriterien für „herausragende sportliche Laufbahnen“, genannt PES („Les Parcours de l’Excellence Sportive“). Ein französischer Olympiasieger erhält als Prämie 50.000 Euro, dies gilt auch für die Paralympics (Olympiade für Menschen mit Behinderung).

Laufbahnberater kümmern sich um Karriere der Athleten am Olympiastützpunkt Rheinland-Pfalz/Saarland

Der Leiter des Olympiastützpunktes Rheinland-Pfalz/Saarland, Steffen Oberst, ist im Standort Bad Kreuznach Chef von 20 hauptamtlichen Trainern. Es werden 3500 Spitzensportler betreut, davon gehören 750 dem A-Kader an. Das Saarland habe innerhalb 15 Jahren 50 Millionen Euro in die Infrastruktur gesteckt. Insgesamt hätte der Stützpunkt eine sehr gute Entwicklung genommen mit nahezu 150 Olympiateilnehmern seit 1992. Zwei Laufbahnberater kümmerten sich um eine duale Karriere der Athleten. „Wir versuchen alles, um die Sportler hierzuhalten.“ Drei Eliteschulen des Sports seien weitere Stützpunkte in Koblenz, Kaiserslautern und Saarbrücken.

Jörg Weiß ist Leistungssportreferent des LSB Rheinland-Pfalz berichtete von erfolgreicher individueller Betreuung: „Was ist mit den Athleten, die aus unterschiedlichsten Gründen nicht in das Verbundsystem gehen?“ Auch die könnten sehr erfolgreich sein, nannte er das Beispiel von Richard Schmidt (24) vom RV Treviris Trier, der mit dem Deutschland-Achter 2009 in Posen, 2010 in Hamilton und 2011 in Bled dreimal Weltmeister wurde – ohne einem Stützpunkt anzugehören. Auch dies sei möglich, so Weiß: „Wir haben die Verantwortung, Talente auch anders zu begleiten. Nicht jeder wird Weltmeister.“

Staatliche Sportlehrerausbildung – seit 40 Jahren Erfolgsmodell in Trier für Rheinland-Pfalz

Ausbildungsleiter Norbert Storz informierte über die staatliche Sportlehrerausbildung der Sportakademie Trier – seit 40 Jahren ein Erfolgsmodell in Rheinland-Pfalz. Fast 600 Schüler seien für den Arbeitsmarkt Sport im außerschulischen Bereich ausgebildet worden. „Und sie haben alle gute Chancen in ihren Jobs.“ Das hörten die anwesenden Schüler des aktuellen Lehrgangs mit Freude. Einer der prominentesten Teilnehmer war Horst Eckel, 1954 Fußball-Weltmeister und später Sportlehrer an der Realschule Kusel. Norbert Storz: „Bis zu 25 Teilnehmer werden in jedem Lehrgang zwei Jahre lang ausgebildet – intensiv, handverlesen, praxisnah und richtig gut. Ein Modell, das funktioniert.“


Quelle: Leichtathletik Verband Rheinland, Horst Andresen
Foto: NEAS/andresen-presseservice